Gedanken, Psyche

Bist du ein Scanner?

Zu Schulzeiten war ich mir sicher, dass ich mit 25 genau wissen würde, wohin mein beruflicher Weg mich führt. Ich dachte, dass ich, nachdem ich ein wenig Arbeitserfahrung gesammelt habe, einfach wissen würde: Das ist es. Das will ich für den Rest meines Lebens machen, das ist genau mein Ding.
Mittlerweile habe ich realisiert, dass die Idee, einen einzigen Job für den Rest seines Lebens zu haben wohl nicht mehr so zeitgemäß ist. Aber dennoch weiß ich im Moment nicht einmal, was ich in den nächsten Jahren machen möchte. Es fällt mir einfach schwer mich zu entscheiden. Nun weiß ich, dass es heutzutage mehr verschiedene Jobmöglichkeiten denn je gibt, was die Situation nicht gerade einfacher macht. Aber scheinbar ist das nicht mein einziges Problem.

Kennst du diese Leute, die sich innerhalb von Sekunden total für etwas begeistern können? Egal ob es eine neue Sportart, ein Studium der Lateinamerikawissenschaften oder dieses Gartenprojekt in der Stadt ist: eine kurze Zeit lang lesen sie alles nach, was es darüber zu lesen gibt und reden über nichts anderes mehr. Auf der anderen Seite verfliegt ihr Interesse abrupt, sobald sie ein bisschen mehr darüber wissen und etwas anderes ihre Aufmerksamkeit erregt. Kommt dir das bekannt vor? Mir passiert das ständig. Und es hat für mich zu großer Unsicherheit geführt: Ich hatte das Gefühl, dass etwas mit mir nicht stimmte und ich war neidisch auf die Leute, die schon mit 10 Jahren wussten, dass sie Gehirnchirurg*innen oder Mathelehrer*innen werden wollten, während ich mich schwertat, ein Jahr lang bei einem Nebenjob zu bleiben.

Vor Kurzem habe ich jedoch das Konzept der Scannerpersönlichkeit entdeckt: Laut der US Autorin und Karriereberaterin Barbara Sher ist ein Scanner eine Person mit großem Wissensdurst und großer Neugier, eine Person, die ständig Neues entdecken will, wobei sie häufig mehreren Impulsen zur selben Zeit nachgeht. Aber eine Scannerpersönlichkeit ist auch jemand, der sich ziemlich schnell langweilt und dem es oft an Motivation fehlt, ein Projekt wirklich durchzuziehen. Jemand wie ich! Vielleicht auch jemand wie du?
Das Gefühl, nicht zu wissen, in welchem Bereich man arbeiten möchte oder sollte, kann viele (Selbst)Zweifel mit sich bringen. Jedoch hat es auch positive Seiten, eine Scannerpersönlichkeit zu sein. Wahrscheinlich bist du ziemlich flexibel und kreativ, außerdem kannst du mit deinem Enthusiasmus wunderbar neue Projekte initiieren und verschiedene Arbeitsbereiche miteinander verbinden. Und damit wir uns als Scanner noch besser fühlen: Scannerpersönlichkeiten werden auch „Renaissance People“ genannt. In dieser Ära wurden solche Menschen nämlich sehr geschätzt, Leonardo da Vinci mit seinen zahlreichen Talenten und Interessen fungiert als perfektes Beispiel dafür.

Oft denke ich immer noch, ich sollte einfach mal versuchen, bei einer Sache zu bleiben und ich möchte meine neue Entdeckung auch nicht als Entschuldigung nutzen, jedes Projekt, das ich beginne, unvollendet zu lassen. Aber zu realisieren, dass die eigenen Fähigkeiten und Bedürfnisse sich von denen anderer unterscheiden kann dabei helfen, einen Berufsweg zu finden, der sich nicht einengend, sondern fordernd und fördernd anfühlt.
Ich weiß, dass mich nur ein Job mit einer Vielzahl unterschiedlicher Aufgaben glücklich und zufrieden machen wird. Auch die Vorstellung, verschiedenen (Teilzeit)Jobs zur gleichen Zeit nachzugehen, spricht mich an, während das für andere sicherlich der Albtraum schlechthin wäre. Schlussendlich müssen wir uns also vielleicht gar nicht für einen Karriereweg entscheiden!
Was ebenfalls dabei hilft, den verschiedenen Interessen gerecht zu werden, ist, den Tag in Abschnitte zu unterteilen: Zum Beispiel in einen kreativen und einen administrativen Part. So können wir sicherstellen, dass wir nicht zu schnell gelangweilt sind. Viele weitere Tipps finden sich im Buch „Refuse to Choose“ von Barbara Sher und auf unterschiedlichen Blogs und Webseiten – google einfach mal „Scannerpersönlichkeit“ oder „scanner personality“! Mir zumindest hat diese „Diagnose“ dabei geholfen, die positiven Aspekte meiner Unentschlossenheit zu sehen und zu erkennen, dass es in Ordnung ist, nicht das ganze Leben lang einem (Karriere)Weg zu folgen.

4 Gedanken zu „Bist du ein Scanner?“

  1. Ich bin Scanner und es gibt viele wie uns. Vor allem, eigenartigerweise, fast nur Frauen, die ich dahingehend kenne 🙂 Aber lieber so, als wenn einem nix außerhalb des eigenen Horizontes interessiert. LG

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    1. Ja das stimmt. 😀 Jetzt wo du’s sagst fällt mir auch auf, dass ich eigentlich nur Frauen kenne, die so ticken. Allerdings fällt mir gerade auch kein einziger Mann ein, den ich persönlich kenne, der sich mit Persönlichkeitsentwicklung etc. beschäftigt. Irgendwie seltsam.
      LG zurück!

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  2. ach ja, da vergess ich immer die unzähligen Umzüge und Jobs und so weiter, weil ich immerhin schon 5 Jahre am selben Ort wohne. vermutlich hören einige Dinge dann einfach auf, je älter man wird 😉

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    1. Vielleicht… momentan fallen mir noch täglich Jobs ein, die ich auch gerne mal machen würde. Ich hoffe mit der Zeit „findet man sich“ dann doch etwas mehr, mal schauen. 🙂

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