Bis vor Kurzem dachte ich, ich wäre introvertiert. Ich habe immer etwas Zeit für mich gebraucht und war nie die, in der Gruppe am lautesten lacht oder alle mit ihren Geschichten unterhält. Ich genieße es, mir selber etwas Schönes zu kochen oder morgens im Bett zu lesen, in Gedanken versunken über’s Feld zu laufen. Ich liebe es, alleine zu reisen.
In letzter Zeit habe ich jedoch gemerkt: Ich bin gerne unter Leuten, wenn es die richtigen Leute sind. Wenn ich auftauen und ich selbst sein kann, wenn man mich versteht, meine Freuden und Ängste teilt, meine Interessen nicht seltsam und meine Kritik nicht unangebracht findet. Lange waren es oft nicht die richtigen Leute. Kennst du das Gefühl, unter Menschen zu sein und trotzdem furchtbar einsam? Es ist seltsam, denn eigentlich habe ich mich selbst immer für meine Flexibilität gepriesen. Ich komme mit jedem gut klar. Aber manchmal ist es einfach anstrengend. Und manchmal ist es so leicht.
In letzter Zeit wurde es immer leichter. Ich hatte immer mehr das Gefühl, angekommen zu sein, endlich meinen tribe gefunden zu haben, auch wenn der zum Großteil aus Einzelpersonen oder kleinen Grüppchen bestand. Mit diesen Menschen zusammen zu sein, hat mir Energie gegeben, sie haben mich zum Lachen oder zum Nachdenken gebracht. Sie teilten meine Empfindungen und sie gaben mir Kraft, so pathetisch das auch klingen mag. Dieses krampfhafte Angepasstsein, das ich mit den Menschen in meinem vorherigen Studium oft erfahren hatte, war nicht mehr nötig.
Auch am Reisen alleine mag ich vor allem die Begegnungen mit verrückten, einzigartigen Menschen, die mit den farbenfrohsten Worten Geschichten erzählen. An manche Aussagen dieser Menschen erinnere ich mich noch immer und sie wurden zu einem Wegweiser für mich.
Wenn ich die schönsten Erlebnisse meiner Woche aufschreibe, sind das Treffen mit Freunden, geplant oder spontan. Alleine zu sein verschafft mir ein ruhiges, ausgeglichenes Glücksgefühl, unter guten Freunden zu sein gibt mir überschwängliche Energie und Lebenslust. Ich schreibe all dies jetzt, natürlich, wo Treffen wegen des Coronavirus erstmal nicht möglich sind. Du weißt nicht, was du hast, bis du es verloren hast, und so. Aber vielleicht kannst du dadurch ein bisschen mehr herausfinden, wer du bist. Ich war mir immer ganz sicher, dass ich ein unglaublich introvertierter Mensch bin. Vielleicht, weil ich mich unter Menschen einfach noch nie so wohl gefühlt habe, wie in letzter Zeit.
Guter Zusatz. Wir wissen erst, was wir verloren haben, wenn es weg ist …
Stimmt und jetzt ist der Moment auch zu erkennen, was ist dir/mir/und all den anderen wirklich wichtig?
Wie du, bin auch ich eher introvertiert, komme vom Land und lebe in einer (ansonsten sehr lauten) Großstadt. Hinterher werden wir zumindest klarer sagen können, was will ich vom Leen und was will ich überhaupt?
In diesem Sinne – gute Worte und alles Gute und viel Gesundheit dir, deinen Liebsten und all jenen, die das hier lesen.
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Ja, ich glaube hinterher weiß man Vieles auch ganz anders zu schätzen.
Danke, dir auch viel Gesundheit und Gelassenheit in dieser Zeit. 🙂
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