Gedanken, Rezensionen

Kürzlich gelesen

Lange habe ich nicht mehr über Bücher geschrieben. Das liegt nicht daran, dass ich nicht gelesen hätte – aber vielleicht zum Teil an der Tatsache, dass ich mich seit über einem Jahr(!) durch „Krieg und Frieden“ wurschtle. Doch das Ende ist nah und mittlerweile bin ich auch wieder mit Freude dabei. Wie dem auch sei, in den Krieg-und-Frieden-Pausen der letzten Wochen und Monate habe ich ein paar weitere Bücher zu Ende gelesen, die ich euch heute vorstellen möchte.

„Hippie“ von Paulo Coelho

Dieses Buch stand lange auf meiner Liste, bevor ich in einer Berliner Bahnhofsbuchhandlung endlich zuschlug. Anders als die anderen Romane von Coelho, die ich bisher gelesen habe, handelt es sich um ein autobiografisches Werk. Es spielt in den frühen 70ern und erzählt die Geschichte von Paulo, der sich der Holländerin Karla auf eine Reise nach Kathmandu anschließt. In Amsterdam besteigen die beiden den „Magic Bus“, ein Gefährt voller Ausreißer und Freigeister, die alle auf ihrer eigenen Suche sind.

Ich habe ein großes Faible für den Hippie-Spirit und dementsprechend weckte dieses Buch bei mir, insbesondere in der Coronazeit, große Träume. Es ist kurzweilig, authentisch und leider vor allem schnell durchgelesen. Ganz glücklich bin ich mit dem Ende nicht… Trotzdem eine Empfehlung für alle Hippie-People, die nichts gegen gelegentlich eingestreute Weisheiten einzuwenden haben.

„Die Geschichte der Bienen“ von Maja Lunde

Diesen Roman habe ich bei meinem Opa aus dem Regal gefischt, nachdem er schon lange Bestsellerlisten anführte. Ich weiß, damit bin ich spät dran.

Drei abwechselnd erzählte Geschichten, die zu drei unterschiedlichen Zeiten spielen und thematisch über das Motiv der Bienen verbunden sind, so ist dieser Roman aufgebaut. In jeder Geschichte spielt Hoffnung eine große Rolle: für den Biologen William ebenso wie für Imker George und für Tao, die Obstbäume per Hand bestäubt. Sie alle kämpfen mit Verlusten und für das, was ihnen wichtig ist.

Der Roman las sich flüssig und überzeugt durch eine klare Sprache. Auch wurde im Verlauf der Geschichten eine Spannung aufgebaut, durch die sich stets eine gewisse Schwere zog. Die Verknüpfung zwischen den drei Geschichten hat mich zugegebenermaßen nicht wirklich überzeugt. Alles in allem kein weltbewegendes Leseerlebnis, aber für zwischendurch durchaus geeignet. Am meisten mitgefiebert habe ich – warum auch immer – mit William, der im England des 19. Jahrhunderts an der Entwicklung eines neuartigen Bienenstocks arbeitet.

„Sieben Nächte“ von Simon Strauss

„Wortgewaltig“ beschreibt dieses Werk am besten. Strauss schreibt über Zukunftsangst, über große Versprechungen und vor allem über Sehnsucht und Leidenschaft, die er in seiner Reifeprüfung erfährt: Er schließt mit einem Bekannten den Pakt, alle sieben Todsünden zu begehen.

Ein Buch, das mehr Emotion ist als Geschichte. Mich, die ich mich ebenfalls an einer Schwelle zum Erwachsenwerden sehe und immer von der Angst getrieben bin, etwas zu verpassen, trifft er damit wie mit der Faust auf’s Auge. Zwar fürchte ich, dass die Empfindungen des Protagonisten nicht jedem und jeder passen; und dass sein unbedingter Wille, zu fühlen und zu sein und der spezielle Schreibstil manchen zu viel sein könnten. Für mich war all das genau richtig.

Das hier schreibe ich aus Angst. Aus Angst vor dem fließenden Übergang. Davor, gar nicht gemerkt zu haben, erwachsen geworden zu sein. Ohne Initiation, ohne Reifeprüfung einfach durchgerutscht bis zur Dreißig. Alle Abschlüsse gemacht, alle Termine eingehalten, viel gelächelt, wenig geweint, ein bisschen geweint, aber vor allem gelächelt.

Simon Strauss – Sieben Nächte

„Das Gegenteil von Einsamkeit“ von Marina Keegan

Anders als die anderen Bücher handelt es sich hierbei nicht um einen Roman, sondern um eine Sammlung von Stories und Essays, die posthum veröffentlicht wurde. Die Autorin Marina Keegan studierte an der Universität Yale und starb mit 22 Jahren bei einem Autounfall. Mit „das Gegenteil von Einsamkeit“ hinterließ sie leidenschaftliche Texte, die von einer scharfen Beobachtungsgaben und einem Sinn für Details zeugen. Zum Teil stammen sie mitten aus dem Leben, zum Teil aus einer blühenden Fantasie. Ohne große Mühen rufen sie die verschiedensten Emotionen hervor und ermöglichen es, sich mitten ins Geschehen zu versetzen. Immer schreibt sie unaufgesetzt und sensibel. Ein wirklich mitreißendes Buch.

„Ein verheißenes Land“ von Barack Obama

In seiner Autobiographie bietet der ehemalige US-Präsident Obama einen ausführlichen und sehr persönlichen Überblick über den ersten Teil seiner Regierungszeit. Er vermittelt den Lesenden das Gefühl, einen Blick hinter verschlossene Türen werfen zu können und wirkt zugegebenermaßen einfach verdammt sympathisch. Auch die gesellschaftlichen Strömungen, welche später Trump zur Wahl verhelfen, werden bereits erläutert. Mir gefielen vor allem die Einblicke in das politische System der USA (in den Worten meiner Mitbewohnerin, völlig Banane) und die Darstellung der schwierigen Abwägungssituationen des Präsidenten.

An sich also ein interessantes und gut geschriebenes Buch, von dem ich allein der Allgemeinbildung wegen froh bin, es gelesen zu haben. Wenn mich trotzdem mal durch einen Abschnitt quälen musste, lag das daran, dass Obama wirklich eine Vielzahl von hochpolitischen Themen beschreibt, die nunmal nicht alle jedermanns Sache sein können. Kleine Abzüge in der B-Note gibt es außerdem für die Kapiteleinteilung, die mir nicht wirklich verständlich wurde.

„Alle Toten fliegen hoch – Amerika“ von Joachim Meyerhoff

Ich mach’s kurz: Dieses Buch ist mein absoluter Favorit! Auch hier geht’s um das Erwachsenwerden: Der 17-jährige Protagonist verbringt ein Jahr bei einer Gastfamilie in den USA. Nicht in New York oder Kalifornien, sondern in Laramie, Wyoming. Er schließt Freund- und Feindschaften, verliebt und entfremdet sich und lernt sich selbst besser kennen. Das Buch ist herzzerreißend lustig, traurig und sehnsüchtig zu gleich. Auch, wenn mich und den Protagonisten so manches trennt: Nie konnte ich mich besser in einen männlichen Teenager hineinversetzen. Was soll ich sagen, ich habe mir die nächsten zwei Bände der Reihe schon bestellt (auch, wenn ich da wirklich sehr late to the Party bin).

Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit meinen Leseerlebnissen der letzten Wochen! Außerdem muss ich im Rückblick feststellen, dass zumindest 4 dieser 6 Bücher ein freiheitsliebendes coming-of-age-Gefühl bedienen, mit dem ich mich wohl noch immer sehr gut identifizieren kann. Jetzt freue ich mich vor allem auf die anderen beiden Bücher von Joachim Meyerhoff, die in meinem Regal warten.

3 Gedanken zu „Kürzlich gelesen“

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