Zurzeit schreibe ich meine Masterarbeit über ein Thema im Bereich der Frauenrechte. Dabei fragte ich mich letztens, wie neutral Wissenschaft wirklich sein kann. Beispielsweise fand ich einige Artikel, die die Diskriminierung von Frauen in einem bestimmten Bereich mithilfe wissenschaftlicher Methoden widerlegten. Wiederum andere zogen diese Studien in Zweifel. Für mich war der Fall klar: wer keine Diskriminierung sehen will, der findet Wege, das Gegenteil zu beweisen. Nur war ich in der Diskussion wohl auch nicht völlig neutral.
Das führte mich zu der Frage, ob wir Menschen überhaupt neutral und objektiv sein können. Schließlich sind werden wir stetig unbewusst beeinflusst: von unserer kindheitlichen Prägung, unseren Erfahrungen, Vorlieben und Ängsten. „Du siehst die Welt nicht, wie sie ist, du siehst die Welt wie du bist„: da scheint was dran zu sein. Selbst unsere visuelle räumliche Wahrnehmung wird durch unsere Persönlichkeit, aber auch durch einfache situative Einstellungen beeinflusst. So nehmen eher neurotisch veranlagte Menschen neutrale Gesichter eher als wütend oder ängstlich war als Menschen, die nicht zu Neurotizismus neigen. Ziele, die wir als erstrebenswert erachten, erscheinen uns näher als andere.
Na gut, aber ist wenigstens die Wissenschaft objektiv? Gerne würden wir davon ausgehen, dass dem so ist, doch es finden sich auch Argumente dagegen. Schließlich werden Theorien, die als „objektiv richtig“ wahrgenommen wurden, fortlaufend widerlegt und überarbeitet. Das wissenschaftliche Arbeiten selbst setzt gewisse Annahmen voraus, die es zu glauben gilt. Zumindest kann sich jedoch um das Einhalten bestimmter Maßstäbe und Methoden in der Wissenschaft bemüht werden. Auch im Rahmen des wissenschaftlichen Diskurses treffen verschiedene – mehr oder weniger subjektive – Meinungen aufeinander, was dabei hilft, die Materie aus einer übergeordneten Perspektive zu betrachten.
Vielleicht können Menschen dann, wenn ihnen der Ausgang einer Situation egal ist, diese am besten neutral beurteilen. Ich glaube ich würde eine relativ unparteiische Schiedsrichterin für Fußballspiele abgeben, weil ich in dieser Hinsicht völlig leidenschaftslos bin. Andererseits fände ich den einen Spieler mit Sicherheit sympathischer als den anderen, auch, wenn ich ihn vielleicht nicht bewusst bevorzugen würde. Von meiner hundertprozentigen Objektivität bin ich auch hier nicht überzeugt.
Nach ein wenig Recherche fühle ich mich in meiner Annahme bestätigt: wir sind nicht objektiv, nicht neutral. Ein faszinierender Aspekt daran ist, dass wir unsere Welt bzw. deren Wahrnehmung ändern können, indem wir unsere Gedanken und Einstellungen ändern.
Liebe Helen, super spannend wie du im Zuge deiner Masterarbeit (übrigens klingt dein Thema wahnsinnig interessant, das ist es hoffentlich für dich auch noch?) zu diesen Gedanken kamst. Ich habe darüber ehrlich gesagt noch nie groß nachgedacht, stimme Dir aber beim Lesen deiner Zeilen zu 100 Prozent zu. Ich finde, es kann einem dabei sogar regelrecht schwindelig werden, wenn man darüber nachdenkt, oder? Zum Beispiel darüber dass jeder Mensch die Welt anders sieht und wahrnimmt, der selbe Augenblick von zwei Menschen später völlig unterschiedlich wiedergegeben werden kann…Ein perfektes Thema eigentlich, um darüber mit den liebsten Menschen abends bei viel Wein zu philosophieren! 🙂
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Liebe Johanna, ich glaube, wenn man es so schwammig beschreibt, klingt mein Masterarbeitsthema etwas spannender als es ist. 😀 Es geht um Diskriminierungen bezogen auf Bankkredite in Nigeria, aber weil da generell so viel an Stereotypen und teilweise diskriminierenden Traditionen und Gesetzen dahintersteckt, ist es schon noch ganz spannend. 😀
Ich find’s auch witzig, wenn z.B. Paare ihr Kennenlernen ganz unterschiedlich wahrgenommen haben, ist echt verrückt.
Ganz liebe Grüße!
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wir sehen die Welt nicht mit unseren Augen, wir sehen sie mit unseren Gedanken 😉
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Definitiv!
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